20.05.2022

Gewalt darf niemals geduldet werden

Sie kann körperlich oder psychisch geschehen, kann verletzen, beleidigen, ausgrenzen und töten, geschieht oft in vollster Absicht oder im Affekt. Diejenigen, die Gewalt anwenden, wollen ein bestimmtes Ziel erreichen. Sie ist immer schmerzhaft, tut körperlich weh und verletzt auch die Seele. Deshalb darf Gewalt auf keinen Fall geduldet, sondern muss geächtet und bekämpft werden. Eine von den beiden Schulsozialarbeiterinnen Angela Saidi und Katharina Tenk von der Sekundarschule Hohe Mark initiierte Veranstaltung zum Thema "Gewalt“ erlebten 120 Acht- und Neuntklässler der SKHM am Vormittag des dritten Mai-Mittwochs gemeinsam im RekenForum.

Täter und Opfer von Gewalt erzählen ihre Geschichten vor Schülerinnen und Schülern der Sekundarschule Hohe Mark im RekenForum.

Die Agentur „Mensch – aber wie?“ hat fünf Personen gecastet und mit nach Reken gebracht, die in verschiedener Art und Weise mit Gewalt in Berührung gekommen sind. Zum Teil handelt es sich um Frauen und Männer, die auf Grund einer Straftat vom Jugendamt dazu verpflichtet wurden. Andere wollen ihre Geschichten freiwillig der Öffentlichkeit preisgeben. Fünf Gäste - Täter und Opfer – berichten auf der Bühne über ihre Erfahrungen mit Gewalt, aber auch über ihre Gefühle und ihre Ängste. Ein diskriminierter farbiger Migrant ist dabei, eine mobbende Schülerin, ein schlagender Lehrer, ein aggressiver Rechtsradikaler und die Zeugin einer Vergewaltigung, die durch ihr mutiges Eingreifen selbst zum Opfer geworden ist.

In einer Diskussionsrunde stellen sich die beteiligten Personen den Fragen der Acht- und Neuntklässler.

„Um sein Recht zu bekommen, ist Gewalt ein notwendiges Mittel. Ich schlag alle weg, muss mich ja schließlich wehren. Wo Menschen sind, gibt es immer Gewalt“, ruft der wild gestikulierende Musiker Richie und reißt Sprüche über alles und jeden. Gleichzeitig erzählt er, dass sein Freund ohne Grund von Neonazis brutal geknüppelt wurde. Mit auf der Bühne sitzt Thorsten Lützek, ein pöbelnder Nazi par excellence, der wegen eines Überfalls zu 30 Monaten Gefängnis verurteilt ist. „Ich hatte das Recht, den Asia-Laden und dessen Besitzer plattzumachen“, brüllt er in den Saal und behauptet populistisch: „Hunderttausende Ausländer sind illegal nach Deutschland gekommen. Die haben hier nichts zu suchen. Deutschland ist bunt ist ein Scheißspruch!“

Zum Abschluss der Präsentation teilen die Jugendlichen ihre Meinung über die Gewalttäter und Opfer mit.

Schülerin Nicole hat ihre korpulente Mitschülerin Annika so lange gemobbt, drangsaliert und beleidigt, bis diese aus dem Fenster im 11. Stock sprang und starb. „Ist doch nicht meine Schuld, wenn die sich einfach umbringt, da kann ich mal überhaupt nichts dafür“, behauptet sie ohne jegliche Empathie und uneinsichtig. Auch das Schicksal des älteren Lehrers Harald Baumann, der einen Schüler nach permanenten respektlosen Attacken schlug, dafür verurteilt und versetzt wurde und sich seither in psychiatrischer Obhut befindet, sowie die Geschichte von Katrin Wollschläger, die eine Vergewaltigung verhinderte und dabei selbst eine schwere Verletzung davontrug, gehen den teils sehr betroffenen SchülerInnen sichtlich an die Nieren. Dass die Wortgefechte auf der Bühne nur gespielt sind, wissen die Seku8ndarschüler zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Die wahren Identitäten der handelnden Personen werden erst nach dem Ende der Präsentation nach einer Befragungsrunde und einer Bewertung der Protagonisten durch die Jugendlichen enthüllt. Auf diese Weise wirken die dargestellten Problemfelder Gewalt, Fremdenhass und Mobbing sehr echt und absolut lebensnah. Klaus Lützek und Richie sind in Wirklichkeit Schauspieler und haben seit längerem ein Engagement am Düsseldorfer „theatertill“, ebenso wie ihre zwei Kolleginnen und der Kollege. Alle fünf Geschichten sind demgegenüber aber nicht erfunden, sondern sind genauso und mitten im ach so weltoffenen, fremdenfreundlichen und fortschrittlichen Deutschland passiert. (hh)